Dienstag, 12. Juni 2018

Dienstag, 12.6.2018, von Istanbul bis Kapadokien

Den zweiten Tag in Istanbul benützten wir für einen Ausflug ans Goldene Horn und für eine Bootstour auf dem Bosporus. Das Goldene Horn ist eine lang gezogene Meeresbucht, welche die Altstadt Istanbuls nach Osten begrenzt. Als erstes besuchten wir eine auf den ersten Blick unscheinbare Kirche aus byzantinischer Zeit, welche jedoch wegen ihrer Fresken und Mosaiken von grosser kultureller Bedeutung ist. Die Chora-Kirche wurde schon früh in der christlichen Zeit errichtet und im 12. Jahrhundert in ihrer jetzigen Erscheinung ausgebaut. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 wurden die bildlichen Darstellungen übertünkt aber nicht zerstört, sodass sie uns auch heute noch in grosser Pracht, wenn auch mit Schäden erhalten geblieben sind. Sie stammen aus dem 12. bis 14. Jahrhundert. Die Bilder zeigen Christus als Pantokrator, also als Herrscher über alles, nicht wie in der westlichen Kirchentradition am Kreuz. Das zweite Bild ist eine Darstellung des Kindermordes. Die Sultane waren übrigens vor allem gegenüber den monotheistischen Religionen sehr tolerant, die Bekämpfung der "Ungläubigen" ist eine neuzeitliche Erscheinung. Die Christen war diesbezüglich vor allem in Spanien wesentlich skruppelloser.
Einige Taxis brachten uns anschliessend ins Café Pierre Loti mit prächtiger Aussicht auf das Goldene Horn. Pierre Loti war ein französischer Reiseschriftsteller, welcher als einer der ersten Persönlichkeiten der westlichen Welt die grossen Errungenschaften der Kulturen im Osten, vor allem auch des Osmanischen Reiches ins rechte Licht rückte und der eurozentrischen Geschichtswahrnehmung entgegenhielt. Er wird deshalb noch immer in der Türkei hoch verehrt.
Der Bosporus, welcher als enger Kanal das Mittelmeer und das Schwarze Meer verbindet, wird von zwei grossen Hängebrücken überspannt. Sein Ufer säumen zahllose Villen und Paläste, daneben auch Moscheen und Hafenanlagen. Es herrscht reger Schiffsverkehr. Für kleine Boote können die Strömungen gefährlich werden. Ich beobachtete eine nach Westen setzende Strömung von mindestens 4 Knoten mit starker Wirbelbildung an den Engstellen.
Der nächste Tag war wieder ein Reisetag über mehr als 700 Kilometer. Wir überwanden den Bosporus mit einem Autotunnel, welcher aber mit einer Höhe von nur 2,80 Metern sehr beengend wirkt. Dafür sind die Lastwagen aus ihm verbannt. Die Autobahn führt zunächst über etwa 100 Km entlang eines Seitenarms des Marmarameers, wo sich die Industrie- und Hafenanlagen aneinander reihen. danach steigt die Strasse zuerst sanft, dann durch eine Schlucht steiler bergan. Die Landschaft ist grün und üppig, die Autobahn in gutem Zustand und grosszügig ausgebaut. Erstaunlicherweise ist der Lastwagenverkehr spärlich, obwohl es sich um die Hauptachse zwischen den beiden Megastädten Istanbul und Ankara handelt. Demenstprechend kamen wir gut voran. Die Passhöhe ist bei etwa 1'200 m.ü.M erreicht. Hier wird die Landschaft karger, steppenhafter. Wie aus dem Nichts steigen plötzlich die Wolkenkratzer der Vororte Ankaras auf. Ebenso rasch befindet man sich nach dem Verlassen der Umfahrungsstrasse wieder in der weiten Landschaft Anatoliens mit weiten Getreidefeldern und Plantagen. Das Land ist fruchtbar und die Gegend ausgesprochen lieblich mit sanften Hügeln und seltenen zerstreuten Siedlungen.
Kapadokien ist Teil Anatoliens und liegt im Zentrum der Türkei. Karstlandschaften vulkanischen Ursprungs bilden eine einmalige Landschaft mit malerischen Felsformationen. Der weiche Tuffstein diente über Jahrhunderte als Unterkunft und Schutzraum für die Bevölkerung. Die Häuser wurden als Höhlen aus dem Fels geschlagen. Ganze Kirchen entstanden unterirdisch. Spektakulär sind ganze unterirdische Städte, welche über bis zu 8 Etagen unter die Erdoberfläche reichten und Platz für angeblich bis zu 30'000 Personen boten. Es ist nicht bekannt, ob sie dauernd bewohnt waren oder nur als Fluchtorte dienten. Das Durchstreifen der oft sehr niedrigen Gänge bleibt allemal ein besonderes Erlebnis. Mit einer Ballonfahrt im Sonnenaufgang konnten wir diese einmalige Gegend spektakulär erleben. Eine kurze Wanderung führte uns auch zu einsameren aber nicht weniger eindrücklichen Höhlensiedlungen.
In den nächsten Tagen werden wir in drei Etappen den Iran erreichen. Von dort werde ich wieder weiter berichten.

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