Donnerstag, 2. August 2018

Datong, 28.7.2018


Pingyao bis Datong
Datong, 28.7.2018
Wir gratulieren Sämi zum Geburtstag und Peru zum Nationalfeiertag!
Der Weg von Xi’An bis Pingyao führte vollständig über die Autobahn und war langweilig und ereignislos. Dafür wurden wir mehr als genug durch die vollständig erhaltene Altstadt von Pingyao entschädigt! Die Fahrzeuge mussten wir vor der Stadt hinterlassen und mit dem Tagesgepäck Elektrofahrzeuge besteigen, welche uns durch die engen Gassen (Hutong) direkt vor die Hoteltüre führten. Auch das Hotel hat den ursprünglichen 2-stöckigen Charakter bewahrt, die Zimmer sind einfach, aber praktisch eingerichtet, samt kompaktem Dusche/WC/Brünneli. In der Altstadt, welche immer noch über die ursprüngliche Stadtmauer verfügt, wohnen 18'000 Menschen, 4'000 Residenzen aus der Zeit der letzten zwei Dynastien (Ming und Qing) sind erhalten geblieben und nicht der revolutionären Erneuerungswut Mao’s und seiner Roten Garden zum Opfer gefallen. Von grosser Bedeutung ist Pingyao aber auch wegen seiner Geschichte als Bankenplatz. Seine Kaufleute waren die ersten, die Banken und Schecks in China einführten und dadurch wesentlich dazu beitrugen, den Handel zu erleichtern. Heute ist vor allem wohltuend, dass die Stadt nicht zu einem Museum verkommen ist, wie wir es anderswo in China immer wieder erleben mussten, sondern auch über ein Eigenleben ohne Touristenströme verfügt. Diese Stadt ist zweifellos ein Juwel unter allen Sehenswürdigkeiten Chinas! Leider blieb uns viel zu wenig Zeit, die Gassen zu durchstöbern. Eines ist sicher: Falls sich Gelegenheit bietet, werden wir wiederkommen!
Wie bei Ebbe und Flut waren wir am Morgen gezwungen, vor dem Ansturm der Besucherströme die Stadt zu verlassen. Dies gab uns die angenehme Gelegenheit, auf dem Weg nach Datong zwei weitere kulturelle Höhepunkte zu erleben: In Yingxian die älteste erhaltene Holzpagode von Muta aus dem Jahr 1056 unserer Zeitrechnung und die buddhistische Klosteranlage von Xuankong. Diese ist förmlich an den Felsen geklebt. Die einzelnen Klausen sind durch enge Stege mit niedriger Brüstung untereinander verbunden, das Ganze ruht auf langen hölzernen Pfeilern, welche zusammen mit Felsankern die nötige Stabilität bieten. Für Leute mit Höhenangst jedenfalls nicht ganz unproblematisch, Doris lässt grüssen.
Datong liegt im Zentrum des Kohleabbaus von China und war noch vor wenigen Jahren eine staubige und schwarze Minenstadt. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Typisch für China ist, dass die Altstadt im revolutionären Aufbruch zerstört und durch Plattenbauten ersetzt wurde. Heute passiert das Gegenteil. Alle Neubauten werden abgerissen und die alten Quartiere wiederaufgebaut. Auch die Stadtmauer ist wieder vollständig instandgesetzt. Für europäische Augen wirkt alles zu künstlich, es entspricht aber dem chinesischen Zeitgeist. Zeitlos ist hingegen buddhistische Grottenanlage von Yungang etwas ausserhalb der Stadt. 460 n.Chr. begannen die Arbeiten dieser Anlage. Nach nur 60 Jahren waren sie fertiggestellt. 51'000 Statuen, welche alle aus dem Felsen gemeisselt wurden, zieren die Grotten. Viele sind noch sehr gut erhalten und beeindrucken nicht nur durch ihre Grösse, sondern auch durch die feinen, charaktervollen Gesichtszüge und die immer noch sehr gut erhaltene Bemalung. Von allen Grotten, die wir seit Kisil gesehen haben, sind diese zweifellos die eindrücklichsten. Schön, dass wir mit diesen unbeschreiblichen Eindrücken unsere lange Reise beschliessen dürfen. Morgen ist noch ein Besuch der Grossen Mauer geplant. Danach schwenkt der Pfad nach Beijing ein und ein prägendes und unvergessliches Abenteuer findet sein endgültiges Ende! Und unser Traum, Beijing, Sämi, Noa, Max und Ruedi einmal in gemächlichem Tempo, ohne Jetlag und auf den «eigenen» vier Rädern zu besuchen, Realität. Der Weg war das Ziel – und er war es!

Mittwoch, 25. Juli 2018

Im Muslim Quartier


Für unsere katholischen Freunde!


Reiseroute bis Xi'An


Das Minarett gleicht eher einer Pagode


Die ganze Mauer ist von einem Park umgeben


Diese Verbotstafel macht schon mehr Sinn!


Vehrkehrsregeln zum missachten


Die vollständig erhaltene Ringmauer ist 14 m breit und 12 m hoch. Sie misst 13.4 km


Jede Figur hat individuelle Züge


Die berühmte Terrakotta - Armee des ersten Kaisers Qin Shihuangdi


Maijishan Grotten bei Tianshui



Qiemo, 11. Juli 2018


Qiemo liegt an der südlichen Route der Seidenstrasse, am Rande der Taklamakan-Wüste. Diese ist eine der trockensten und ausgedehntesten Wüsten der Welt. Taklamakan heisst übersetzt: «Ort, wo du hineingehst und nicht mehr zurückkehrst». Gestern haben wir diese durchquert, von Norden nach Süden über beinahe 4 Breitengrade. Anfänglich am Rande des Tien Shan noch teilweise grün durch versickerndes Schmelzwasser aus den hohen Bergen und Bewässerungssysteme, wurde die Gegend zunehmend einsam. Grosse Dünen türmten sich zu beiden Seiten der Strasse. Diese ist über hunderte von Kilometern von einem bewässerten Grünstreifen gesäumt, man sagt, dass dies das im Unterhalt teuerste Strassenstück der Welt sei. Tatsächlich müssen nach den häufigen Sandstürmen die Fahrbahnen immer wieder frei geräumt werden. Die Grünstreifen dienen zum Schutz vor diesen Sandverwehungen. Die Reise wurde einmal mehr durch das unmässige Polizeiaufgebot stark behindert. Von Kuqa bis Qiemo gestern haben wir mehr als 2 Stunden auf Kontrollposten verbracht. Kontrolliert wurden lediglich die Pässe, dreimal wurden wir einzeln fotografiert, zusammen mit dem Pass und dem Visum. Die längste Kontrolle dauerte geschlagene 1 ½ Stunden, ohne dass irgendetwas gemacht wurde, dies an der brühenden Hitze ohne Schatten! Dies wird noch 1 Tag weiter so gehen, dann verlassen wir die Provinz Xinjiang und die uigurischen Unruheherde. Wenn wir an einen Kontrollposten kommen, ist es immer dasselbe Prozedere: drei oder vier schwarz gekleidete Polizisten, z.T. mit Hellebarden oder Stecken, schrecken auf. Dann stösst der Vorgesetzte im blauen Hemd dazu. Der fängt nervös an zu telephonieren und dann geht es 10 Minuten bis 1 ½ Stunden bis es weitergeht.
Die Tage zuvor besuchten wir bei der Abreise am Sonntag den Viehmarkt von Kashgar, ein wirklich noch echter Markt ohne touristische Kastration wie die vielen Bazars, die wir bisher besuchten. Auf einem grossen Feld wurden Schafe, Rinder, Ziegen, Pferde und sogar Kamele angeboten und wechselten mit lautem Feilschen in rascher Folge die Hand. Der Transport erfolgte auf zum Teil abenteuerlichen Gefährten. Für das leibliche Wohl sorgten Garküchen und Grillstände, wo das frisch verarbeitete Fleisch auf Spiessen angeboten wurde. Die Augen der soeben geschlachteten Tiere waren noch nicht gebrochen, als ihr Fleisch bereits im Magen der hungrigen Kunden landete. Der darauffolgende Tag führte uns von Aksu nach Kuqa über eine Seitenroute hinter der ersten Bergkette durch das Tal von Baicheng. (Die Hauptachse ist mit einer brandneuen, aber kaum befahrenen Autobahn versorgt. Die Lastwagen verkehren wegen den extrem hohen Autobahngebühren immer noch auf der Hauptstrasse. Zum Vergleich: Autobahngebühr und Dieselkosten sind in etwa gleich, also Verdoppelung der Wegkosten, wenn man die Autobahn benutzt) Kaum hatten wir das ausgesprochen grüne Tal inmitten der kahlen Bergketten erreicht, wurden wir von der Polizei angehalten. Nach einem für uns unverständlichen, sehr lauten Wortwechsel unseres Reiseleiters mit den Beamten konnten wir weiterfahren. Vor uns fuhr ein Polizeiauto mit Blaulicht und vier Mann Besatzung, hinter uns ein ziviles Fahrzeug mit Warnblinker und zwei Polizisten, welche andere Verkehrsteilnehmer von uns fernhielten. Der hintere Wagen scheuchte alle überholwilligen Autos weg.  So ging es in gemächlichem Tempo über mehr als hundert Kilometer durch Baumalleen und fruchtbare Felder, Weinberge und Plantagen, durch Siedlungen und Kontrollposten. In der Ferne winkten ein letztes Mal die schneebedeckten Gipfel des Tien Shan (Himmelsberge, >7400m hoch). Den Nutzen erfuhren wir erst so richtig, als wir an einer Brücke an langen Kolonnen vorbei auf der Blauen Linie eine solche Polizeikontrolle umfahren konnten, verfolgt von den düsteren und neidischen Blicken der Einheimischen. Man sagte uns, dass dies zu unserem Schutze geschehen sei, das Gebiet sei gefährlich wegen Attentaten. Hauptsache, wir erreichten die wunderbare buddhistische Klosteranlage von Kizil aus dem 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Die Mönche lebten nach indischem Vorbild in Felshöhlen, welche sich offenbar besonders zur Meditation eignen. Diese wurden mit prächtigen Fresken geschmückt, welche sich bis heute Dank des trockenen Klimas bestens erhalten haben. Allerdings haben sie aus anderen Gründen mehrmals gelitten. Zuerst durch den Bildersturm des einbrechenden Islams vor etwas mehr als tausend Jahren, durch Raub (die goldenen Farben wurden abgekratzt) und später durch die Kulturrevolution Mao’s, welche alle alten Spuren vernichten wollte, um eine neue Gesellschaft zu gründen. Unermesslichen Schaden richteten die europäischen «Forscher» an, welche die Fresken aus den Wänden herausschnitten und in transportgerechten Formaten nach Europa, vor allem in die deutschen und englischen Museen verschifften. Was übriggeblieben ist, bleibt aber immer noch grossartig!